Der Blick in den Spiegel ist für uns Menschen völlig normal. Unsere Vierbeiner dagegen knurren, bellen oder wedeln, wenn sie sich darin erblicken. An der Frisur liegt das nicht, es ist vielmehr eine Frage der Selbsterkennung und im weitesten Sinne auch eine des Selbstbewusstseins.
Wenn Welpen sich zum ersten Mal auf einer spiegelnden Fläche betrachten, finden sie das äußerst faszinierend, halten den Kopf schräg, wedeln erfreut und zeigen sogar Spielaufforderungen. Doch irgendwann macht es keinen Spaß mehr, sie lernen, das komische Ding im Flur zu ignorieren, das ständig auftaucht, wenn sie Gassi gehen oder nach Hause kommen. Bringt ja nix. Erfahrene Hunde bleiben gelassen und checken irgendwie, dass dieses Accessoire nur „Menschenspielzeug“ ist und ihnen nicht gefährlich werden kann.

Allerdings geraten manche Vierbeiner komplett aus dem Häuschen, wenn sie unvorbereitet auf ihr Spiegelbild treffen. Andere wiederum schrecken plötzlich hoch, wenn sich abends in der Terrassentür das Licht spiegelt und sie sich selbst im Körbchen liegen sehen. „Ja, ist mein Hund eigentlich doof?“, fragt sich so mancher kopfschüttelnd. Von wegen Intelligenzbestie…
Natürlich nicht! Fakt ist jedoch, dass er sich im Spiegel nicht selbst erkennt, sondern meint, einen Artgenossen zu erblicken. Und dann gibt’s eben manchmal Saures – je nach Sozialisierung.
Der Gallup-Spiegeltest liefert den Beweis
Ganz anders verhalten sich Schimpansen, Delfine, Zahnwale, Asiatische Elefanten oder Krähen. Der amerikanische Psychologe Gordon G. Gallup wollte wissen, ob Schimpansen generell in der Lage sind, ihr Spiegelbild wahrzunehmen und sich selbst darin zu verstehen. Dafür färbte er Teile ihres Gesichts rot ein und beobachtete, was geschah. Bei ihrem Anblick fassten sich die Affen gezielt an diese Stellen. Ähnlich verhielten sich andere Säugetiere, sie
konnten Farbflecke auf ihren Körpern ebenso lokalisieren. Das ließ Forscher zu dem Schluss kommen: Sie alle sind in der Lage, sich zu erkennen, und haben ein Ich-Bewusstsein.
Das Ich-Empfinden des Hundes ist erforscht
Bedeutet das im Umkehrschluss, dass unsere besten Freunde rein instinktgesteuert sind? Forscher der russischen Tomsk State University haben dazu eine andere Studie veröffentlicht, die darauf hinweist, dass sie sehr wohl eine Art Ich-Empfinden haben. Anhand eines Geruchsspiegeltests traten sie den Beweis an. Sie sammelten den Urin verschiedener
Vierbeiner, füllten ihn in mehrere Behälter und ließen die Hunde daran schnuppern. Auffällig war, dass die meisten, vor allem die älteren unter den Probanden, länger an fremdem Harn als an ihrem eigenen schnüffelten. Das, so die Erklärung der Wissenschaftler, zeige, dass die Hunde eben doch in der Lage sind, sich selbst zu erkennen. Nur nutzen sie eben ihren Geruchssinn dafür.
Ist Bello nicht selbstbewusst genug?

Der Gallup-Spiegeltest funktioniert ausschließlich über den Sehsinn der Tiere. Da aber eine reflektierende Glasfläche weder riecht noch ein Geräuschvon sich gibt, fällt es Bello schwer, die eigene Identität an seinem Spiegelbild festzumachen.
An der Ruhr-Universität Bochum beschäftigten sich Akademiker mithilfe einer kleinen Gruppe Tiere ebenfalls mit diesem Phänomen. Sie fanden heraus, dass auch die schlauen Elstern ihr Abbild erkennen und besagten Test meistern können. Dass der Hund diesen nicht bestehe, bedeute jedoch nicht, dass er kein Selbstbewusstsein habe. Der Spiegeltest passe eben nur nicht in seine Erlebniswelt. Eine selbstbewusste Persönlichkeit ist der Vierbeiner trotzdem,
und für die richtige Frisur sind schließlich Frauchen und Herrchen zuständig. Luzy Petersen