Bei der Bundestagswahl am 23. Februar geht es darum, wie der Kurs in Zeiten der Klimakrise und des Artensterbens bestimmt wird. Es geht um die Zukunft aller – und um die des Planeten. Die Welt-Naturschutzorganisation WWF hat die Parteien daraufhin einmal analysiert

Wenn wir die Klimakrise nicht in den Griff bekommen, gibt es keine sichere Zukunft. Klimaschutz muss daher für alle Parteien höchste Priorität haben und der WWF erwartet Wahlprogramme, die Deutschland auf einen Paris-kompatiblen Pfad führen.

Denn nur mit den richtigen politischen Leitlinien kann der Umbau zu einer klimaneutralen und ressourcenschonenden Wirtschaft gelingen. Neue Investitionen in klimafreundliche Technologien zahlen sich für den Standort Deutschland aus. Gleichzeitig sorgen ein Klimageld und ein gesicherter ÖPNV-Ausbau dafür, dass steigende CO2-Preise sozial abgefedert werden. Vor allem Menschen und Familien mit wenig Geld sollen mehr vom Klimaschutz haben. Der ökologische Wandel ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Der World Wide Fund For Nature (WWF) nimmt dabei sowohl die sechs größten Parteien als auch die AFD unter die Lupe und gleicht sie mit ihren Forderungen ab. Sie wollte wissen, wer von ihnen eine zukunftsgerichtete, Paris-taugliche Klimapolitik anstrebt, ob und wie sie die biologische Vielfalt schützen und das Artensterben stoppen wollen.

Ein Kreuzchen für den Klimawandel? Parteien unter der Lupe

Der Klimawandel taucht zwar in allen Wahlprogrammen auf, dennoch haben viele Parteien ihn offensichtlich und fatalerweise heruntergestuft. Und: Nicht überall, wo Klimaschutz drauf steht, ist auch wirksamer Klimaschutz drin.

⇔ CDU/CSU – Einfach zu wenig!

Die Union lässt keine Absichten erkennen, Deutschland unabhängiger von fossilen Energieimporten zu machen, sondern setzt beim Klimaschutz hauptsächlich auf den Europäischen Emissionshandel und ignoriert die jetztigen Maßnahmen. Ein Plan, der sowohl sozialgerechte Förderung, Heizungstausch als auch energetische Sanierungen anschiebt, fehlt. Von Verkehrswende ist keine Rede, konkrete Zusagen für Investitionen in Klimaschutz und die biologische Vielfalt: Fehlanzeige. Die Union plant, alle, auch die klimapositiven, Subventionen auf den Prüfstand zu stellen. Das verunsichert Wirtschaft und Haushalte und verzögert Klimaschutz.

⇔ SPD – Das geht noch besser!

In Sachen Energiewende wird der Fokus auf Entlastung für Unternehmen und Haushalte gelegt. Immerhin nennt sie in diesem Zusammenhang Wind- und Solarenergie. Klare Bekenntnisse zum Kohlausstieg fehlen, dafür wird beim Atomausstieg nicht gewackelt. Die SPD hält an den Klimazielen Deutschlands und der EU fest, will das u. a. mit Förderprogrammen attraktiv gestalten und auch das Deutschlandticket soll bleiben. Allerdings bleiben die Finanzierungen für alle Projekte unklar.

⇑ Bündnis 90/Die Grünen – So kann´s gehen!

Klimaneutralität bis 2045 mit den entsprechenden Zwischenzielen bei, eine Evaluierung des Klimaschutzgesetzes, Klimageld, Förderprogramme für Wärmepumpen, E-Autos und die Weiterführung des Deutschlandtickts zum Preis von 49 Euro sind nur einige der positiven Ziele. Weiterhin wollen sie eine günstige und verlässliche Stromerzeugung durch Erneuerbare Energien erzielen und besser mit der zunehmenden Elektrifizierung des Wärme- und Mobilitätssektors abgleichen. Die Grünen empfehlen in ihrem Programm eine effektive Klimaaußenpolitik und Klimagerechtigkeit, wozu ein fairer Anteil an internationaler Finanzierung gehört.

⇓ BSW – Voll daneben!

Das Bündnis Sahra Wagenknecht liefert keine geeigneten Konzepte für die Klimakrise und die Probleme unserer Zeit,  bekennt sich zwar zum Pariser Klimaabkommen, spricht sich aber gegen die schnelle Erreichung der Klimaneutralität aus. Die Vorschläge des BSW bringen weder soziale Vorteile, Planungssicherheit für Unternehmen noch mehr Klimaschutz. Ohne eine Strategie für die Umsetzung vorzulegen, wird ein globaler Emissionshandel gefordert. Und so gehts immer weiter.

⇑ Die Linke – So kann´s gehen!

Gar nicht so schlecht, was das Parteiprogramm hergibt: bis 2040 soll Deutschland mit verbindlichen Emissionsgrenzen klimaneutral werden. Die Einführung von Sektorzielen und eines Klimageldes ist positiv zu bewerten, sowie das 9-Euro-Ticket. Grundsätzlich sticht die Linke mit vielen neuen Plänen über die Sektoren hinweg hervor. Die Richtung stimmt auch bei der Solarenergie, dem ressourcenschonenden Umbau der Verkehrsinfrastruktur, der Kreislaufwirtschaft und dem Natur- und Klimaschutz auf EU-Ebene.

⇓ FDB – Leerstelle!

Hier fehlen ingesamt klare Ziele und Bekenntnisse. Und wenn es sie gibt, dann ohne eine Idee, wie sie umgesetzt werden sollen. Geplante steuerliche Abschreibungen kommen primär Menschen in oberen Einkommensgruppen zugute, die sich einen Wohnungsbau überhaupt leisten können. Auf europäischer Ebene will die FDP die Zulassung von Pestiziden beschleunigen und damit einen Treiber des Artenverlustes fördern.

⇓ AFD – Voll daneben!

Die AfD leugnet den menschengemachten Klimawandel. Sie verkennt den verheerenden Einfluss der Klimakrise auf unsere Sicherheit und Unversehrtheit, will aus dem Pariser Abkommen austreten und Klimaschutzmaßnahen abschaffen. Lösungsvorschläge gegen die Erderhitzung macht sie nicht. So hält sie es auch in allen anderen Bereichen.

Ein Kreuzchen für die Biologische Vielfalt?

Ein wahres Massenaussterben ist derzeit erkennbar: Weltweit sind bis zu eine Million Arten vom Aussterben bedroht. Und die Artenkrise und der damit einhergehende Verlust der Vielfalt hat Konsequenzen. Sie bedroht Lebensgrundlagen, Wirtschaft und die Gesundheit.

Der Blick in die Wahlprogramme offenbart jedoch: Diese Erkenntnis scheint noch nicht bei allen Parteien verankert, geschweige denn in konkrete Maßnahmen übersetzt zu sein.

⇒ CDU/CSU – Das geht noch besser!

Die Union unterstreicht die Bedeutung der natürlichen Lebensgrundlagen und plant, Arten und Lebensräume zu schützen. Sie benennt den positiven Einfluss naturbasierter Lösungen, doch das Wie bleibt offen. Die Fortschreibung des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz fehlt im Programm ebenso wie die notwendige ökologische Novelle des Waldgesetzes. Auch das Ja zum Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel trübt das Bild. Der Wolf soll weiter abgeschossen werden, nichts Konkretes bei Meeresschutz, Fischerei, Industrie – im Großen und Ganzen bleibt der ökologische Fußabdruck der Partei auf der Strecke.

⇒ SPD – Das geht noch besser!

Ja, Natur und Ökosysteme sollen geschützt werden. Auch der Schutz der Wildnis, die Stärkung von Meeresschutzgebieten und eine verantwortungsvolle Gestaltung globaler Wertschöpfungsketten steht auf dem Progreamm – nur wie, das erfährt der Wähler nicht wirklich. Immerhin gehts in die richtige Richtung.

⇑ Bündnis 90 / Die Grünen – So kann´s gehen!

Hier gibt es das stärkste Naturschutzkapitel. Biologische Vielfalt, Klimaschutz und Klimaanpassung und Renaturierung hat endeutige Relevanz. Eine Nationale Biodiversitätsstrategie, schnellere Ausweisung von Naturschutzgebieten, Artenhilfsprogramm, etc. – alles vorhanden! Die Partei fordert ein modernes Bundeswaldgesetz, einen vernünftigen Schutz der Herden, der Meere und der Ökosysteme. Manches bleibt in der Finanzierung zwar vage, aber die Ziele sind ambitioniert und konkret forumliert.

⇓ BSW – Voll daneben!

Das Bündnis Sahra Wagenknecht äußert sich weder zu Artenschutz und biologischer Vielfalt, zu Mensch-Wildtier-Konflikten, Wildnisgebieten oder dem Meeresschutz. Begriffe wie „Artenschutz“ oder „Artensterben“ kommen im Bundestagswahlprogramm nicht vor. Immerhin bei der Landwirtschaft wird es mal konkreter,  Wälder, Grünland und Moore will das BSW durch schonende Nutzung erhalten, äußert sich nicht weiter zur Wiederherstellung der Natur oder zu verbesserten Naturschutzmaßnahmen.

⇑ Die Linke – So kann´s gehen!

Hier sind entscheidende Stellschrauben, um unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten, das Artensterben zu bremsen und die Natur fitter gegen die Klimakrise zu machen, vorhanden. Klima- und Naturschutz sollen verbunden, zerstörte Ökosysteme wiederhergestellt und Schadstoffeinträge vermindert werden. Es fehlt die Aussage zu  Mensch-Wildtier-Konflikten, dafür steht die Landesfläche Wildnis oben an. Ebenso wie der Meeresschutz.

⇓ FDP – Voll daneben!

Naturschutz, Wildnis, Meeres- und Gewässerschutz? Das alles steht hier eindeutig nicht auf der Agenda. Immerhin das Bundeswaldgesetz hat die FDP noch auf dem Schirm. Und die Bejagung des Wolfes, die Förderung fossiler Energieträger, die Zulassung von Pestiziden. Die Pläne für unsere globalen Lieferketten würden einen deutlichen Rückschritt für Naturschutz und soziale Standards bedeuten.

⇓ AFD – Voll daneben!

Naturschutz betrachtet die AfD vor allem als „Heimatschutz“, instrumentalisiert den Artenschutz gegen die Windenergie und schürt mit ihrer Wortwahl von „gebietsfremden Invasoren in heimische Ökosysteme“ auch an dieser Stelle Vorbehalte gegenüber allem Fremden. Angeblich „ideologisch getriebene Fehlanreize und Partikularinteressen“ belegen ihre Ablehnung der bisherigen Naturschutzpolitik. Beim Wolf befürwortet sie die Bejagung nach dem Beispiel Schwedens, gegen das bereits ein EU-Vertragsverletzungsverfahren läuft. Fehlanzeige auch beim Schutz der Gewässer und des Meeres.

Das Fazit des WWF

Klimaschutz und eine intakte Natur sind kein Luxus, sondern die Basis für Wohlstand, Arbeitsplätze und Lebensqualität. Erneuerbare Energien, der Schutz der Natur und nachhaltige Investitionen können Deutschland widerstandsfähig machen und gleichzeitig einen lebendigen Planeten bewahren.

Demokratie lebt davon, dass wir uns einmischen, dass wir laut sind und mitentscheiden. Jede Stimme zählt – für Klima- und Naturschutz, für Gerechtigkeit und für eine lebenswerte Zukunft. https://www.wwf.de

 

 

Text und Fotos wwf

© Ralph Frank / WWF/ (2), Milos Bicanski / WWF-UK (1), Luis Barreto / WWF-UK (1), Martin Harvey / WWF (1)

 

 

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