Gestreichelt zu werden ist so schön. Es sorgt für Entspannung und Glücksgefühle. Die sanften Berührungen sind ein Grundbedürfnis und gleichzeitig Kommunikationsmittel zwischen Mensch und Hund.

Wenn die Hand langsam über das weiche Fell gleitet, reckt und streckt sich unsere Schafpudelhündin Rosa, hält ganz still. Minutenlang kann das so gehen. Ein wohliges Guten-Morgen-Ritual, das wir beide sehr genießen. Forschungen haben längst bestätigt: Hunde schütten beim Kuscheln das gleiche Hormon aus wie wir Menschen, das Oxytocin. Wir nennen es das Glückshormon, denn es sorgt dafür, dass wir anderen vertrauen, und macht uns empathisch.

Richtig streicheln will gelernt sein
Kraulen ist wichtig für die Bindung
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Besonders wenn ein Kind geboren wird, läuft es auf Hochtouren. Darin liegt auch der Ursprung seines Namens begründet: Oxytocin kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet „schnelle Geburt“. Doch es kann noch viel mehr. Es wirkt blutdrucksenkend, angstlösend, lässt Wunden schneller heilen und fördert die Verdauung. Ein regelrechtes Wunderhormon, mit dem sich momentan weltweit mehr als 100 Forschergruppen beschäftigen. Dieser biochemische Botenstoff ist es also, der dafür sorgt, dass wir unseren Hund ins Herz schließen und er uns.

Das natürliche Distanzverhalten einhalten

Während wir es genießen, dass unser Partner uns berührt, Eltern oder gute Freunde uns umarmenreagierten wir empört, wenn uns eine wildfremde Person auf der Straße plötzlich durchs Haar wuscheln würde. In der Psychologie wird dieses ganz natürliche Distanzverhalten Proxemik genannt. Sie unterscheidet vier Zonen: Die intime Zone bei eng Vertrauten und Verliebten reicht bis etwa 60 Zentimeter, die persönliche Zone bei guten Freunden, Bekannten und Familie von 50 bis 150 Zentimeter, die soziale Zone bei Menschen, die in sozialen Funktionen miteinander kommunizieren, liegt bei 150 bis 360 Zentimetern Abstand, und die öffentliche Zone auf der Straße und in Gebäuden erwartet, wenn genügend Platz ist, einen Abstand von mehr als 360 Zentimeter.

„Auch Hunde haben diese Individualdistanz“, erklärt Verhaltensberaterin Josefine Schwamborn. „Die meisten lassen sich sehr gerne von ihrer Familie streicheln und akzeptieren Berührungen von bekannten Personen, von Fremden aber nicht.“ Aus diesem Grund ist es wichtig, bei einem ersten Kontakt vorsichtig vorzugehen.

Streichel mich! – aber richtig

So wird er Hund richtig gesteichelt
Die meisten Hunde lieben es am Bauch gestreichelt zu werden ©alexei_tm-adobe stock

„Treffen wir einen Hund, beugen wir uns unbewusst ein bisschen vor, um ihn zu berühren“, so die Expertin. „Dann heben wir noch die Hand, um über seinen Kopf zu streichen. Menschen wirken alleine wegen ihrer Größe bedrohlich. Manche Superschmuser, wie viele Labradore, Golden Retriever und Bobtails, erdulden dies unter dem Motto: Für eine Kuscheleinheit nehme ich alles in Kauf. Andere dagegen ziehen den Kopf weg oder ducken sich und signalisieren so: Ich möchte nicht angefasst werden.“ Diese Ablehnung ist ihr gutes Recht.

Respektiert der Mensch diese Signale nicht und hält die Individualdistanz des Hundes nicht ein, kommt es immer wieder zu Beißvorfällen. Josefine Schwamborn rät außerdem, nicht einfach
auf den Vierbeiner zuzustürmen, sondern als Erstes den Halter zu fragen, ob Kontakt überhaupt erwünscht ist. Dann ist eine Begegnung auf Augenhöhe richtig, das bedeutet mit geradem Rücken in die Hocke zu gehen, die Hand auszustrecken und den Hund einzuladen, zu einem zu kommen. Dreht er den Kopf weg oder blinzelt, möchte er nicht angefasst
werden.

Auch der richtige Moment ist wichtig

Bei jeder Begrüßung überschlägt sich unsere Schafpudelhündin Rosa. Sie legt sich auf den Rücken, streckt uns ihren Bauch entgegen und dann können wir nicht lange genug streicheln. Doch abends mal auf dem Sofa schmusen, eine Streicheleinheit zwischendurch – nicht mit ihr. „Es gibt Hunde, die sehr verschmust sind, und andere, die das nicht immer mögen“, betont Josefine Schwamborn. „Das kann an ihrem Charakter liegen oder kann angeboren sein. Die Halter sollten ihr Tier so akzeptieren, wie es ist.“

So wird der Hund richtig gestreichelt
Hunde bestimmen den Zeitpunkt selbst
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Beim Fressen, Erkunden einer neuen Umgebung oder beim Spiel mit dem Artgenossen sind Liebesbekundungen von unserer Seite tabu. Übrigens auch beim täglichen Training. „In 98 Prozent der Fälle will das Tier in diesem Moment gar nicht berührt werden.“ Das hat seinen Grund. „Wenn Hunde ein Kommando ausführen, machen sie ihren Job.“ Streicheleinheiten können hier sogar fehl am Platze sein. Versuchen Besitzer beispielsweise, ihren besten Freund mit sanftem Tätscheln zu beruhigen, suggerieren sie ihm, dass er etwas gut gemacht hat.

Die Lieblingszonen der Hund

„Am liebsten mögen sie es, an der Brust, den Körperseiten, an Hals und Bauch gekrault zu werden“, erklärt Schwamborn. „Manche mögen auch ein Krabbeln am Ohr und am Rutenansatz. Weniger beliebt sind Berührungen an den Pfoten und auf dem Kopf.“ Und nicht vergessen: Berührungen gehören zur taktilen Kommunikation mit dem Vierbeiner. Sie wirken wie eine Belohnung und sollten bewusst eingesetzt werden. So fördern sie dann die Bindung zwischen Mensch und Tier und sorgen für Gestreichelt zu werden ist so schön. Es sorgt für Entspannung und Entspannung auf allen Seiten. Jana Krone