Dass Hunde bellen, scheint selbstverständlich zu sein. Doch es gibt Rassen, die als besonders „mitteilsam“ gelten. Warum ist das so – und lässt sich Bellverhalten regulieren?

Beim Spiel, bei Begegnungen und in zahlreichenanderen Situationen: Hunde bellen, um Befindlichkeiten auszudrücken – Angst, Alarm, Aufregung, Freude, Frust, Neugierde, Aggression, Einsamkeit oder Langeweile.

Lange war die Forschung rund um den Vierbeiner der Ansicht, Hundegebell habe keine inhaltliche Aussage. Doch mittlerweile ist klar: Es ist Teil ihrer Kommunikation, neben Mimik und Körpersprache. Die Kynologin Dorit Urd Feddersen-Petersen hat in den Neunzigerjahren am Institut für Haustierkunde der Universität Kiel das Lautäußerungsverhalten von Hunden und Wölfen untersucht und ihm damit sozusagen das notwendige Gehör verschafft. Wölfe wuffen kurz und laut und wollen damit in der Regel etwas abwehren. Hunde vermitteln Informationen, Gefühle und Motivation, und zwar ziemlich gut angepasst an die jeweilige Situation.

Das Bellverhalten der Hunde
Der Hund möchte etwas mitteilen
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Bellen als Kommunikation

Ein Ergebnis jahrtausendelanger Domestikation, das durch gezielte Auslese gefördert
wurde: Im Zusammenleben mit dem Menschen ist das Bellen für Hunde offenbar eine sehr
effektive Möglichkeit zu kommunizieren. Maria Hense, Tierverhaltenstherapeutin und Mensch-und-Hund-Trainerin in Nordrhein-Westfalen, nennt drei wesentliche Gründe dafür, warum einige Hunde(-rassen) mehr bellen als andere.

Zum einen sei es genetisch bedingt, erklärt die Tierärztin, die Dorit Feddersen-Petersen eine Weile bei der wissenschaftlichen Beobachtung von Wölfen und Pudelwölfen begleitet hat. „Bei vielen Rassen ist das Bellen züchterisch gewollt. Sie sollen genau das Bellverhalten liefern, das sie für bestimmte Zwecke einsetzbar macht.“ Den Hofhund als „Alarmanlage“, den Jagdhund als Informanten über die jeweilige jagdliche Situation, den Hütehund als Signalgeber, um nur einige Beispiele zu nennen. „Dann gibt es Hunde, die nervöser sind als andere, da
ist das Bellen oft ein Erregungslaut.“

Auch das kann rassebedingt sein oder im Laufe des Lebens angeeignet. Infolge einer ungünstigen Welpenzeit beispielsweise oder weil die Lebensumstände für (zu viel) Aufregung sorgen. Und es könne, drittens, eine erlernte Strategie sein, um im Umgang mit ihren Menschen oder anderen Hunden etwas zu erreichen.

Akzeptanz für laute Hunde sinkt

Rassen, die wenig oder gar nicht bellen, gibt es übrigens auch. Meist ist das genetisch bedingt, bis hin zu einer anatomischen Besonderheit: Der afrikanische Basenji hat einen besonders flachen Kehlkopf und bringt deshalb keine herzhaften, sondern eher grollende oder jodelähnliche Laute heraus – die durchaus differenziert über seine aktuelle Gemütslage
Auskunft geben.

Früher, als man noch ländlicher und in größeren Distanzen zueinander lebte, war Hundegebell akzeptiert und sogar erwünscht: „Aus der Art des Bellens konnte man oft heraushören, was draußen los war. Kam ein Auto, war es der Tierarzt oder der Milchwagen, stieg jemand aus oder fuhr weiter, war die Situation gefährlich oder belanglos … Je nachdem, wie aufgeregt der
Hund bellte, waren das für den Bauern wichtige Informationen“, sagt Maria Hense.

Heute leben knapp11 Millionen Hunde in Deutschland, in rund 20 Prozent aller Haushalte bellt (oder jodelt) es also immer wieder mal – oder eben auch öfter. „Kläffer“ sind nicht selten Anlass für Nachbarschaftsstreitigkeiten. Viele Tierbesitzer verzweifeln an der Bellerei – ob in
Haus, Wohnung oder Garten, beim Spaziergang gegenüber Hunden und Menschen, beim Hundetraining oder Autofahren.

Das Bellverhalten der Hunde
Jeder Hund bellt anders
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Faires Training – Schimpfen bringt nichts

Hunde, die bellen, zeigen also generell artgerechtes Verhalten. Allerdings habe es immer auch einen selbstbelohnenden Anteil, erklärt Verhaltensexpertin Hense, was die Häufigkeit fördere. Für ein harmonisches Miteinander in der Beziehung mit dem Mensch sollte das Bellverhalten kontrollierbar sein. Oft passiere aber mehr oder weniger unbeabsichtigt das Gegenteil, durch
eine Überstimulation beispielsweise. „Wenn ich ständig weiter den Ball werfe, wenn der Hund bellt, dann erzeuge ich damit bei dem Tier einen sehr hohen Erregungszustand.“

Mit Umorientieren oder Desensibilisieren lässt sich der „Spaß-Effekt“ des Bellens unterbrechen. Schimpfen bringt dagegen wenig. „Das bestärkt den Hund eher noch, denn Herrchen oder Frauchen regen sich ja auch auf. Also gibt es doch wohl Grund genug für den Alarm …“ Wenn womöglich eine Störung zugrunde liegt, zum Beispiel Angst oder ein Trauma der Grund für die übermäßige Lautäußerung ist, sollte ein Verhaltensexperte hinzugezogen werden. Absolut keine Option sind für die Tierärztin und Verhaltensexpertin Hilfsmittel
wie Sprüh- oder Vibrationshalsbänder. Strafreize haben immer Nebenwirkungen. Sie werden
mit der Sache verknüpft, die der Hund gerade anschaut, den anderen Hund, den Menschen … Der Stress steigt, die innere Erregung auch.

„Es finden immer auch andere Lernprozesse statt, die der Halter gar nicht will.“ Eine der wichtigsten Maßnahmen kommt ganz ohne viel Drumherum und Training aus. „Wenn ich möchte, dass mein Hund insgesamt weniger bellt, muss ich die Bellhäufigkeit im Alltag so weit wie möglich reduzieren“, erklärt Hense.

Kirsten Wolf