Mit Unterwerfungsgebärden signalisiert ein Hund seinem Gegenüber, dass keine Gefahr von ihm ausgeht. Diese Form der Unterordnung dient dazu, Konflikte und Auseinandersetzungen zu vermeiden und einen möglichen Aggressor zu besänftigen. Anders verhält es sich, wenn der Mensch seinen felligen Gefährten auf den Rücken dreht, um ihn zu bestrafen. Aber ist der „Alpha-Wurf“ wirklich notwendig?

In der modernen Hundeerziehung wissen wir, dass nur der sich unterwirft, der sich unterwerfen lassen will. Alles andere ist letztendlich ein Kräftemessen, einer Art der körperlichen Auseinandersetzung oder Ausdruck der Hilflosigkeit des Menschen. Dadurch kann auch ein Vertrauensverlust des Hundes resultieren.

Hund zeigen Demutsverhalten

Hunde unterwerfen sich im Spiel
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Wenn Hunde sich gegenseitig unterwefen, handelt es sich dabei um Demutsverhalten. Der Schweizer Verhaltensforscher Rudolf Schenkel definiert dieses Auftreten der Wild- und Haushunde motivationsabhängig als das „Streben des Unterlegenen nach freundlicher, harmonischer sozialer Integration“. Es wird dabei zwischen aktiver und passiver Unterwerfung unterschieden. Eine aktive Demutsgeste zeigt sich darin, dass bei einer Begegnung vorwiegend bekannter Hunde der eine von sich aus klar signalisiert, dass er nichts Böses im Schilde führt.

In der Tierwelt nutzt der Nachwuchs aktives Demutsverhalten, um die Mutter zum Hervorwürgen vorverdauter Nahrung zu bewegen. Erwachsene Vierbeiner nutzen die aktive Unterordnung bei der gegenseitigen Begrüßung verpaarter oder sich wohlgesonnener Tiere  – wie auch bei der Begrüßung des vertrauten Menschen. Es ist also ein wichtiger Ausdruck zur Verminderung sozialer Distanz.

Passive Demut ist Teil des Sozialverhaltens

Die passive Demut lernt der Welpe schon während der Reinigung der Anogenitalzone durch die Mutter. Er bleibt liegen oder verharrt in der eingenommenen Position. Durch das Lecken und Massieren des hinteren Bauchabschnitts unterstützt die Hündin das Urinieren und Koten ihres Nachwuchses.

Die passive Unterwerfung wird später im sozialen Kontext von anderen Hunden eingefordert. Derjenige, der sich bedroht fühlt, aber unterlegen ist, zeigt seinen Bauch, indem er sich demütig auf die Seite oder den Rücken legt. Er dreht den Kopf weg, vermeidet Blickkontakt oder fängt an, mit den Pfoten zu beschwichtigen.

Auch das sogenannte Unterwürfigkeitsgrinsen gehört dazu. Dabei sieht das Gesicht sehr glatt, fast welpenhaft aus, die Mundspalte ist lang, die Mundwinkel leicht nach oben gezogen. Das Signal lautet: „Von mir geht bestimmt keine Gefahr aus, so tu auch du mir nichts.“

Der Welpe zeigt Bauch
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Im Zusammenleben mit den Zweibeinern zeigen Hunde übrigens Demutsgesten, indem sie unter anderem die Hände ihres vertrauten Partners lecken.

Macht ausüben führt zu Vertrauensbruch

Bei dem Vierbeiner geht es also um Deeskalation, während der Mensch mit Unterwerfung seine Macht signalisieren und bestrafen will. Der berühmte „Alpha-Wurf“ ist leider immer noch für viele Trainer und Halter eine Methode, den Hund zu maßregeln und zu zeigen, wer das Sagen hat. Oder geschieht in Situationen, wo das Maß des Tierbesitzers voll ist und dieser sich nicht mehr anders zu helfen weiß.

Ein Lernerfolg wird damit nicht verknüpft. Viele Hunde lernen durch das pauschale „auf den Rücken legen“ lediglich auszuweichen und zu beschwichtigen. Was aber eigentlich von ihnen erwartet wird, verstehen sie dadurch nicht. Die Message kommt nicht an, da nützt auch das Festnageln am Boden nichts.

Es ist nahezu tragisch, wenn sich Tierbesitzer von der Öffentlichkeit gezwungen sehen, das richtige Verhalten ihres (per se „gefährlichen“) Hundes auf diese Art zu bestrafen. Nur weil entgegekommende Halter von tierischer Körpersprache nichts verstehen, Angst vor Hundebegegnungen haben oder erwarten, dass beispielsweise ein grobmotorischer Jungspund, aufdringlicher Rüde oder eine Übersprungshandlung der Felldame grundsätzlich geahndet werden muss. Für den eigentlichen Vierbeiner bricht damit oft eine Welt zusammen und zerstört das Vertrauen in ihren Menschen.

Keine Berechtigung für den „Alpha-Wurf“

Der „Alpha-Wurf“ hat in der Erziehung unseres Familienhundes so gut wie keine Berechtigung mehr. Ihn mit roher Gewalt auf die Seite zu werfen, nur um unsere Dominanz zu demonstrieren, entspricht keinesfalls einem gewaltfreien Umgang. Wo rohe Kräfte sinnlos walten, kann sich kein nachhaltiger Lernerfolg einstellen.

Hunde haben sich an uns Menschen angepasst und möchten uns gefallen. So lassen sie es eben zu, zumindest die meisten von ihnen, dass sie auf den Rücken gedreht werden. Ich hoffe aber sehr, dass jeder Tierbesitzer in der Lage ist, die Überraschung, Ungläubigkeit, das Unverständnis und im schlimmsten Fall die Angst in den Augen seines felligen Partners zu erkennen, wenn er auf diese Weise unterworfen wird. Das Einzige, was der Vierbeiner wirklich versteht, ist die Unberechenbarkeit seines Menschen.

Mehr mit Verstand, als mit Dominanz agieren
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Nur mit Motivation und positiver Verstärkung alleine erreichen wir allerdings auch nicht immer den gewünschten Erfolg. Hunde werden uns besser verstehen, wenn wir uns ihrer Kommunikationsformen bedienen.

Hierzu gehört beispielsweise, den Vierbeiner in der Bewegung einzuschränken und sowohl mit Körperspannung als auch Mimik seine Aufmerksamkeit, ein Zuhören und letztendlich seine Kooperation einzufordern. Das erwarte ich von meinen Freunden auf vier Pfoten, nicht jedoch, dass sie sich unterwerfen. Maike Frenzel